Nicht selten werden Werkverträge oder Bauverträge auf der Baustelle bzw. am Ort des Gewerkes geschlossen. Dies kann für den Unternehmer sehr weitreichende negative Folgen haben, wenn der Besteller ein Verbraucher ist und der Unternehmer den Verbraucher nicht nachweisbar korrekt über dessen Widerrufsrecht informiert hat.
Nach § 312g BGB steht dem Verbraucher in der Regel bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und bei Fernabsatzverträgen ein Widerrufsrecht zu. Der Verbraucher kann daher nach § 355 BGB binnen 14 Tagen ab Vertragsschluss gegenüber dem Unternehmer den Widerruf erklären, was grundsätzlich zur Folge hat, dass die jeweils empfangenen Leistungen (Werkleistung und Vergütung) nach spätestens 14 Tagen zurückzugewähren sind, § 357 BGB.
Da Werk- und Bauverträge nur selten im Wege des Fernabsatzes (§ 312c BGB), jedoch oft außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen werden, wird im Folgenden insbesondere die zuletzt genannte Variante behandelt.
Nach § 312b BGB sind außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge u.a. solche, die bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit des Verbrauchers und des Unternehmers an einem Ort geschlossen werden, der kein Geschäftsraum des Unternehmers ist. In solchen Fällen ist der Unternehmer nach § 312 d BGB verpflichtet, den Verbraucher nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften u.a. über dessen Widerrufsrecht zu informieren. Unterlässt der Unternehmer dies oder informiert er nicht richtig, nicht vollständig oder nicht nachweisbar, so beträgt die Widerrufsfrist nicht mehr 14 Tage, sondern 12 Monate und 14 Tage.
Hat der Unternehmer den Verbraucher nicht korrekt belehrt und kommt es in der Folge zum Streit (z.B. über die Rechnung), so kann der Verbraucher den Vertrag bis zu 12 Monate und 14 Tage nach Vertragsschluss noch widerrufen!
Doch damit nicht genug: Erklärt der Verbraucher den Widerruf, so hat nach § 357 BGB der Unternehmer die gezahlte Vergütung zurückzugewähren, der Verbraucher aber muss die empfangenen Leistungen in der Regel nicht zurückgeben und hat dem Unternehmer auch keinen Wertersatz zu leisten! Wenn der Verbraucher noch widerrufen kann, ist er berechtigt bereits geleistete Zahlungen von dem Unternehmer zurückzuverlangen. Folge: Der Unternehmer geht völlig leer aus. Dieses auf den ersten Blick ungerechte Ergebnis ist durch die Rechtsprechung bereits bestätigt worden (BGH, Urteil vom 30.08.2018, VII ZR 243/17; KG Berlin, Urteil vom 16.11.2021, 21 U 41/21; LG Flensburg, Urteil vom 12.06.2020, 2 O 233/19). Aus hiesiger Sicht ist dies korrekt. Der europäische Gesetzgeber (die genannten Regelungen basieren auf der EU-Verbraucherrechterichtlinie) wollte dem Verbraucherschutz gerade dadurch zum Erfolg verhelfen, indem er die Unternehmer durch diese für sie harte Rechtsfolge zwingt, die Verbraucher ordnungsgemäß über ihre Rechte zu informieren. Letztlich hat der EuGH dies nunmehr aktuell auch bestätigt (EuGH, Urteil vom 17.05.2023, C-97/22).
Unternehmer sollten daher ihre Belehrungspflichten unbedingt ernst nehmen und Verbraucher sollten die Widerrufsfrist bei fehlender Belehrung von 12 Monaten und 14 Tagen im Auge behalten.
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