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Vertrauen bei halber Vorfahrt/merkantiler Minderwert, UPE-Aufschläge, Coronaschutzmaßnahmen und Sachverständigenkosten/ Mitverzinsung der Rechtsverfolgungskosten

Das AG Husum vertritt in seinem Urteil vom 26.01.2022 – 28 C 120/21 – die Auffassung, dass auch in den Fällen der sog. halben Vorfahrt zu Gunsten des Vorfahrtberechtigten der Vertrauensgrundsatz gilt. Dieser darf sich grundsätzlich darauf verlassen, dass andere Verkehrsteilnehmer sein Vorfahrtsrecht beachten. Der Vorfahrtsberechtigte muss sich in dieser mit halber Vorfahrt bezeichneten Situation nur dann langsam in den Kreuzungsbereich hineintasten, wenn er wegen der unübersichtlichen Örtlichkeit die kreuzende Straße nach rechts nicht rechtzeitig und weit genug einsehen kann. Die Abwägung der wechselseitigen Verursachungs- und Verschuldungsbeiträge führt auch in der Situation der halben Vorfahrt zu einer Alleinhaftung des Wartepflichtigen. Die vom Fahrzeug des Vorfahrtberechtigten ausgehende Betriebsgefahr tritt hinter das feststehende Verschulden des Wartepflichtigen zurück.

Der Geschädigte hat Anspruch auf Ersatz der merkantilen Wertminderung, einer Kostenpauschale in Höhe von 25,00 € sowie der UPE-Aufschläge in Höhe von 10 %. Die Verbringungskosten und die Kosten für die Coronaschutzmaßnahmen sind auch bei fiktiver Abrechnung auf Gutachtenbasis ersatzfähig, wenn sie bei einer Reparatur in einer regionalen markengebundenen Fachwerkstatt üblicherweise anfallen. Der Kläger vermag keine automatische Mitverzinsung von Rechtsverfolgungskosten im Rahmen des § 288 Abs. 1 S. 2 BGB zu beanspruchen. § 288 Abs. 1 S. 2 BGB erfasst nämlich nur die Verzinsung der ursprünglichen Hauptforderung als Geldschuld.

Als verzinsliche Geldforderung i. S. d. § 288 Abs. 1 BGB kommt ein materiell-rechtlicher Erstattungsanspruch des Klägers gerichtet auf Ersatz der Rechtsverfolgungskosten in Gestalt der eingezahlten Gerichtskosten in Betracht. Der Weg zur Verzinsung dieses Ersatzanspruches nach § 288 Abs. 1 S. 2 BGB ist indes nur eröffnet, wenn der Schuldner auch bezüglich dieser Rechtsverfolgungskosten in Schuldnerverzug gerät, und zwar insbesondere durch Mahnung oder ernsthafte endgültige Erfüllungsverweigerung i. S. d. § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB. Schuldnerverzug hinsichtlich des mit Klageeinreichung eingezahlten Gerichtskostenvorschusses ist aufgrund der in der Klageschrift ausdrücklich unter Fristsetzung erfolgten Aufforderung zur Erstattung der eingezahlten Gerichtskosten mit Eingang des auf Klageabweisung gerichteten Beklagtenschriftsatzes eingetreten, da in dem Klageabweisungsantrag eine ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung zu sehen ist.