Mit Gesetz vom 15. September 2021 wurde das Nachbarrechtsgesetz für das Land Schleswig-Holstein (NachbG Schl.-H.) in einigen wichtigen Regelungen geändert. Besonders praxisrelevant ist dabei die Änderung der Regelung über den Ausschluss des Anspruchs auf Zurückschneiden von Anpflanzungen, die über die einzuhaltenden Grenzabstände hinausgewachsen sind. Zudem enthält das NachbG nunmehr eine ganz neue Regelung für die Frage einer nachträglichen Wärmedämmung auf einer Grenzwand.
1.
Die Änderung über den Ausschluss des Anspruchs auf Zurückschneiden von Anpflanzungen ist weitgehend. Bisher musste der Nachbar, der sich durch Anpflanzungen auf dem Nachbargrundstück gestört fühlte, bis zum Ablauf des zweiten Kalenderjahres seitdem die Anpflanzungen über die gesetzlich zulässige Höhe oder den gesetzlich zugelassenen Abstand hinausgewachsen waren, Klage auf Zurückschneiden erheben. Danach war ein Anspruch des sich gestört fühlenden Nachbars ausgeschlossen.
Mit der Neuregelung des § 40 Abs. 1 NachbG wurde diese Ausschlussfrist von zwei auf vier Kalenderjahre verlängert. Völlig neu ist zudem die Regelung in § 40 Abs. 2 NachbG, die dem sich gestört fühlenden Nachbarn ebenfalls zugutekommt. Danach kann nämlich der Nachbar nunmehr selbst dann, wenn der Anspruch auf Zurückschneiden wegen der Ausschlussfrist ausgeschlossen ist, von dem Störer einen Anpassungsschnitt verlangen. Das heißt er kann verlangen, die Anpflanzung durch jährliches Beschneiden auf der Höhe und dem Abstand zu halten, die sie zum Zeitpunkt des Verlangens hat. Im Zweifel gilt der Tag der Klagerhebung als Stichtag.
Aber ein Anpassungsschnitt kann nicht verlangt werden, wenn es um einen Baum geht, der bereits eine Höhe von 10 oder mehr Metern erreicht hat und Ansprüche auf Zurückschneiden, die bereits mit Ablauf des 31. Dezember 2018 ausgeschlossen waren, bleiben ausgeschlossen.
2.
Die Neuregelung über die nachträgliche Wärmedämmung einer Grenzwand ist sinnvoll. Bisher fehlte eine Regelung für die an Relevanz gewinnende Frage, ob man auch auf einer Grenzwand eine nachträglich Außenwärmedämmung anbringen darf. Denn da eine Grenzwand unmittelbar an der Grundstücksgrenze steht, würde das Aufbringen einer Außenwärmedämmung zu einem Überbau auf das Grundstück des Nachbarn führen. Dadurch würde das Eigentum des Nachbarn verletzt werden, so dass der Nachbar in der Regel die Beseitigung des Überbaus verlangen könnte. Bisher hing eine energetische Sanierung daher von der ausdrücklichen Zustimmung des Nachbarn ab.
Nach der Neuregelung in § 15 Abs. 2 NachbG ist diese Problematik entschärft. Danach hat der Nachbar einen Überbau von nicht mehr als 0,25 m durch eine nachträglich auf eine Grenzwand aufgebrachte Wärmedämmung zu dulden. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass die übergreifenden Bauteile öffentlich-rechtlichen Vorschriften nicht widersprechen und die Benutzung des Nachbargrundstücks nicht oder nur geringfügig beeinträchtigt wird sowie eine ebenso wirksame Wärmedämmung auf andere Weise (Innenwärmedämmung) nicht mit vertretbarem Aufwand möglich ist. Für den Überbau ist der betroffene Nachbar allerdings gemäß BGB mit einer Geldrente zu entschädigen.